Auf dem Weg zum Hochzeitsfest

Begegnungen - Auf dem Weg zum Hochzeitsfest

Begegnungen – Auf dem Weg zum Hochzeitsfest. Zum lesen der Kolumne Sylter Liebesgeschichten klicken Sie bitte auf dieses Bild.

Begegnungen – Auf dem Weg zum Hochzeitsfest

„Besonders hübsch wirken Hortensien in rosé oder auch flieder bei der gewünschten Tischdekoration.  Sie verströmen zudem gerade jetzt einen besonders schönen Duft. Was meinen Sie?“ Die Floristin strahlt mich fragend an, und ordnet dabei die Blüten im zauberhaften Arrangement. „Es tut mir leid, was haben sie gerade gesagt?“ Und wieder schon schweifen meine Gedanken weiter. Hortensien, meine absolute Lieblingsblume. Damals hat er mich mit einem Meer aus Hortensien auf der Terrasse unseres Ferienhauses in der Blidselbucht überrascht. Damals vor gut zwei Jahren, als er um meine Hand anhielt. Hier auf der Insel. Dem Island unserer Sehnsucht, dem Ort unserer „kleinen Fluchten“, wie er Sylt scherzhaft nennt, wenn wir ausgepumpt vom Alltag mal wieder unsere Insel ansteuern.

Sylt, seitdem auch meine Verlobungsinsel, und bald auch meine Hochzeitsinsel. Bald… in vier Tagen.

Die Ladenglocke läutet und die nächste Kundin betritt das Westerländer Blumengeschäft. Ich erwache aus meinem Tagtraum und erinnere mich an die vorgestellte Floraldeko und die Fragen rund um meine großen Festtische im Benen-Diken-Hof. Mit großer Freude entscheide ich mich für die fliederfarbenen Hortensien. Sie passen einfach perfekt zu den maritim gedeckten Rundtischen, mit den selbst gesammelten Muscheln, Sylter Sand und Steinen. Beschwingt verlasse ich den Laden. Zeit für eine kleine Stippvisite am Strand habe ich noch, bevor  ich zum Probestecken zum Friseur nach List fahre. Ich parke den Wagen am neuen Kurzentrum und lasse meinen Blick übers Meer schweifen. Angekommen! Immer wieder erlebe ich dieses tiefe und friedvolle Gefühl wenn ich auf der Insel bin. Rasch entledige ich mich meiner Schuhe, kremple die Jeans ein wenig hoch und lauf  in heller Vorfreude zum Wasser. Mein Lieblingsgefühl: barfuss am Flutsaum, die Zehen sanft umspült vom salzigen Nass. Tief atme ich die unsagbar frische Luft ein und schließe meine Augen. Noch vier Tage…

Dann schaffen wir es doch nicht vor Brangelina, also Angelina & Brad. Nie gedacht: nun sind wir doch tatsächlich knapp hinter den beiden „dran“. Ganze zwei Tage später. Wir werden ganz schön damit aufgezogen. Nur deshalb!  Wir hätten ja fast zeitlich deren durch die Weltpresse gehenden Aussagen getoppt. So von wegen „irgendwann passiert es mal, wir geben Euch Bescheid wenn es soweit ist“ – das sagen zumindest unsere lieben Freude und Verwandten, die schon lange auf unser „JA!“ warten. Aber nunja. Soooooooo lange haben wir uns ja nun nicht Zeit gelassen. Auch wenn mal wieder alle lang vor uns wussten, dass es irgendwann mal so weit kommt. Und wir haben´s irgendwie als letztes gemerkt.

Aber dafür umso intensiver. Echter. Klarer. Und sicher auch noch viel glücklicher und unbeschwerter.

Und vor allen Dingen werden wir es erleben auch ohne dass eine Heerschar von Pressevertretern an unserem Hochzeitstag des perfekten Bildes wegen mit den Hufen scharrt, und hinter irgendwelchen Hecken oder aus Torten hervorspringt. Zum Glück interessiert´s, anders als bei Angelina und Brad, kein weltweites Pressevolk, dass wir uns endlich trauen.

Sondern nur uns und unsere Lieben. Und das ist auch gut so.

Die fröhliche Friseurin dreht pfeifend die letzten Strähnen über die Wickler, bevor ich trotz eifrigen Protests meinen zweiten Sekt kredenzt bekomme. „Das gehört so“, meint sie. „Zelebrieren Sie ruhig die letzten Vorbereitungen zu Ihrer Hochzeit“. Da hat sie recht denke ich bevor ich einen großen Schluck der kühlen Köstlichkeit nehme. Ein richtig harmonischer Laden hier. Eben gab´s schon Kuchen. Eine der Angestellten hat heute Geburtstag. Natürlich ist der Kuchen selbstgebacken von der Chefin. Toll. Und trotz der vielen Arbeit sind alle gut gelaunt und nicht zu sehr in die Arbeit verbissen. Sondern widmen sich zwischendurch auch gerne auf einen kurzen Schnack mit immer wieder mal kurz reinschauenden Passanten. Auch das ist das, was ich so an der Insel liebe. Die Welt dreht sich langsamer. Hier wird gelebt und nicht gehetzt, auch wenn natürlich alle ordentlich ihre Arbeit machen. Das scheint irgendwie mit mehr Leichtigkeit zu gehen, je weniger man sich stressen lässt.

Und das färbt auch auf mich „Duracell-Unwirsch“ ab. Dieses Feeling muss ich unbedingt mit nach Hause nehmen und auch in meinen Alltag integrieren. Ich lehne mich entspannt in meinem Friseurstuhl zurück. Mittlerweile habe ich schon mal die Haube auf. Sozusagen die Generalprobe, wie die Friseurin lächelnd scherzt. Ich genieße 15 Minuten warmen Luftstrom während die Wickler erhitzt werden und meine spätere Frisur mehr Stand bekommen soll.

Eine Stunde später sehe ich mich zum ersten Mal als fertige Braut. Ich stehe komplett mit allen Accessoires in der Brautgarderobe vorm Schlafzimmerspiegel im Ferienhaus und bin überwältigt.

Wie wird er in vier Tagen staunen? Werde ich ihm gefallen? Die Brautfrisur und das Make-up sehen toll aus. Die Frisur elegant-klassisch hochgesteckt, dennoch durch die schönen Flechtarbeiten nicht so streng wirkend. Die Probe ist gelungen. Nun kann der Tag kommen.

Ich hüpfe aufgeregt vom einen Bein auf das andere und schaue alle 10 Sekunden hektisch auf die Sekundenzeiger der Uhr. „Deshalb wird der Flieger sicher nicht eher landen“ schmunzelt meine Ma.

„Komm, wir gehen hoch ins Kolibri. Von der Dachterrasse aus sehen wir, wenn er landet“ ergänzt Papa, und hat mich schon fast wieder beruhigt.

Nach zwei Latte und endlosen 30 Minuten rollt der rot-weiße Airberlin-Vogel endlich an seinen Haltepunkt. Wenige Minuten später fallen wir uns erleichtert in die Arme. Die Tage des ohne-den-anderen-sein sind zum Glück vorbei.

Und davon gab es nicht wenige in unseren eigentlich „gemeinsamen Jahren“. So ist das, wenn man wie wir, erst mal beruflich so richtig auf die Füße kommen will. Von wegen „Action & Relaction“… wie meine Freundin mir die Weisheiten des Work-life-balance immer wieder nahelegen will. Natürlich hat sie recht. Aber „von nix kommt nix“ und „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, das waren sind bislang eher unsere persönlichen Leitsätze. Oft bin ich in den letzten Jahren als Markenrepräsentantin eines bekannten Sportlabels nur so von einer Messe zur nächsten in europäischen Metropolen geschwebt. Oft kam ich mir durch viele Inlandsflüge wie „hingespuckt“ vor. Keine Zeit den Flair einer Stadt und die Besonderheiten dort wahrzunehmen. Und zweimal gar wachte ich morgens in meinem Hotelbett auf, und musste erst mal überlegen, in welcher Stadt ich eigentlich bin. Erschreckend! Das sind dann die Momente an denen ich besonders wehmütig an unseren privaten Rückzugsort Sylt gedacht habe. Und dieses Gefühl der gemeinsam erlebten Momente vermisst habe. Auch ein Grund, weshalb wir diesen so wichtigen Moment unserer Eheschließung auf der Insel genießen wollen.

Lennart ging es da auch nicht viel anders. Welch glückliche Momente, wenn sich zufällig unsere Wege in einer der Städte kreuzten. Wie kürzlich in Berlin, als mein Bräutigam in spe mit dem Stück  „Das zweite Kapitel“ am Theater am Kurfürstendamm gastierte, und ich für drei Messe-Tage zur „Berlin – Vital“ gereist war. So konnten wir zumindest nach den Vorstellungen noch auf einen Absacker raus, die Stadt pulsierend spüren, uns nicht nur über Telefon das Leben erzählen, und selbst für ein ausgedehntes Hotel-Frühstück am Morgen blieb noch Zeit.

„Ebba, Du bist schon wieder ganz woanders“ haucht mir Lennart ins Ohr. Ich stehe noch immer am Taxistand, seine Taschen sind schon im Kofferraum verstaut und die drei blicken mich grinsend an. „Nein, diesmal hab ich ausnahmsweise wirklich nicht von der Hochzeit geträumt… bin einfach nur so froh, dass wir uns nun alle hier haben.“

Von Mama bekomme ich einen Kuss, bevor wir uns zum Ferienhaus kutschieren lassen.

Marit öffnet uns mit einer Kiste im Arm die Türe. „Die Hochzeitsseifen wurden soeben geliefert. Schaut mal wie hübsch!“ ruft sie lächelnd und reicht mir schon ein Muster der Rosenseifen für die Damen entgegen. Aufgeregt nehme ich zudem die kleine Kiste in Empfang, und falte das Seidenpapier zur Seite. Hier sind die Algenseifenstücke für die Herren eingepackt. Die Herren-Seifenstücke mit Original Sylter Alge haben die Form eines Ankers. Die Seifenstücke für unsere weiblichen Gäste sind ein im Organza-Beutel eingepacktes Rosen-Seifenstück mit Sylter Rose. Das schmucke Bild vollendet ein Fähnchen, welches die handgesiedeten Seifen aus Morsum als die „Hochzeitsseife von Ebba & Lennart“ tituliert. Ich freue mich und erkenne die Freude auch in den Gesichtern von Lennart und meinen Eltern. Unsere Hochzeitsseifen werden wir zusammen mit den kleinen Willkommens-Taschen in die Ferienwohnungen unserer Gäste bringen, und dort auf die Kopfkissen legen. Unsere Gäste sollen sich von Anfang an wohlfühlen. Es erwartet alle Gäste ein mit Leckereien gefüllter Kühlschrank, frische Früchte, genügend Mineralwasser und eine kleine Auswahl Friesischer Teesorten. Jeweils ein persönlicher Willkommensgruß mit Sylter Landkarte und Programmablauf für unsere drei gemeinsamen Festtage. Für die feierwütigen unter uns (ich hoffe: ALLE!) je 2 Aspirin und natürlich nicht zu vergessen ein Fläschchen Sonnenöl.

Ich wickle die Hochzeitsseifen wieder vorsichtig in das Seidenpapier und verstaue die Kiste zu den weiteren Bestandteilen der Willkommens-Taschen, die bereits in der Vorratskammer auf die baldige Verteilung warten. Übermorgen reisen die meisten der Gäste an, und in drei Tagen ist DER große Tag, auf den wir schon so lange hinfiebern. UNSER Tag. Auf SYLT.

„Guten Morgen, Schlafmütze!“ Blinzelnd öffne ich die Augen und schau direkt in Lennarts strahlendes Gesicht. „Sylt, die Sonne scheint, wir holen gleich unsere Ringe ab – also der perfekte Tag!“ Nun strahle ich zurück und nehme selig den perfekt zubereiteten Latte Macchiato entgegen, den er mir entgegen reicht. „Marit und Mama sind schon los zur Sylter Nudelmanufaktur. Bin gespannt wie unsere Hochzeitsnudeln aussehen“. Ich klopfe mein Kopfkissen zurecht und schiebe es mir hinter den Rücken, damit ich besser sitzen und den leckeren Morgengruß genießen kann. „Setz Dich bitte noch fünf Minuten zu mir, den Moment möchte ich einfach mit Dir gemeinsam genießen.“ Ich rücke ein wenig zur Seite. Das Bett quittiert die Aktion mit einem kurzen Ächzen, als sich Lennart neben mich schwingt. „Ich habe eine Überraschung für Dich!“ Dann erzählt er mir, dass wir den Nachmittag zu zweit verbringen werden, und ich alles weitere zu gegebener Zeit erfahre.

Ich soll nur bloß gut frühstücken. Na das kann ja was werden. Bin doch eh schon aufgeregt, weil wir heute Mittag unsere angefertigten Platin-Ringe in Empfang nehmen werden. Die Ringe, die uns ein Leben lang Freude bereiten, und an unseren Hochzeitstag erinnern sollen. Die kostbaren Schmuckstücke, die unsere gegenseitige Liebe symbolisieren. Genau deshalb haben wir uns auch für Ringe aus Platin entschieden: „unkaputtbar!“ – für immer, selten, rein. Nach einem reichhaltigen Frühstück mit Papa schwingen wir beide uns in den Wagen und fahren in die Lister Ortsmitte. „Nördlichster Juwelier Deutschland´s“ ist auf dem Eingangsschild des Ringladens zu lesen. Mein Herz klopft rasend schnell, als wir den einladend-freundlich eingerichteten Laden betreten. Schon ein tolles Gefühl, unsere Ringe auf Sylt gefunden zu haben. Eine Empfehlung meines niederländischen Kollegen Klaas.

Er hatte den Laden in List bei seinem Sylttrip im Frühjahr entdeckt. Dort seiner Frau Annika zum Hochzeitstag einen wertvollen Memoirering gekauft, und war begeistert von Beratung und Atmosphäre. Und als er hörte dass wir auf Sylt heiraten, erzählte er mir natürlich sofort davon. Mit dem Ergebnis, dass wir keine 48 Stunden später damals selbst in diesem Laden saßen und die umfangreiche Kollektion bestaunten. Wir hatten in dem Schmuckgeschäft ein sogenanntes „Sylt-Special“ genutzt. Die Inhaberin kümmerte sich hierbei um Hotelbuchung im benachbarten SPA Resort und wir wurden rundum verwöhnt. Als wir die tollen Ringe gleich bei ihr in Auftrag gaben, lud sie uns sogar für den Aufenthalt im Hotel ein. Das war vielleicht eine Überraschung. So hatten wir eine ganz besondere Auszeit auf unserer Insel genossen. Waren damals ganz spontan nach Sylt gereist, haben unsere perfekten Ringe fürs Leben gefunden und brauchten uns um nichts kümmern. „Herzlich willkommen auf Ihrer Hochzeitsinsel!“ Die Juwelierin bietet uns strahlend einen Platz am langen Tisch an. Wir bekommen einen Tee serviert. Kann sie Gedanken lesen? Genau den brauche ich jetzt, um die Aufregung ein wenig zu zähmen. Wir erzählen kurz von unserer problemlosen Anreise, dann steht sie auf und will uns nicht länger auf die Folter spannen. Sie geht zum Schrank und kommt mit einer hübschen Schmuck-Schatulle zurück, die sie Lennart reicht. Mir kommt es wie in Zeitlupe vor, als er vorsichtig das rote Klapp-Etui öffnet und mir begeistert den funkelnden Inhalt präsentiert. „Wow, sind die Ringe toll geworden“ rufe ich und lasse mir meinen von Lennart anstecken. „Probe bestanden!“ grinst er und streckt mir auffordernd seinen rechten Ringfinger entgegen. Auch sein Ring sitzt perfekt. Wie schön, dass wir seinen Ring breiter anfertigen ließen und meiner schön schmal an meiner Hand Platz findet. Die Mattierung ist herrlich unaufgeregt und bringt die eingefassten Brillanten in meinem Platin-Ring wunderschön zum funkeln. Im Innern des Rings entdecke ich die Gravur in Lennarts Handschrift und die eingelaserte Sylt-Silhouette mit dem kleinen Brillanten auf Keitum, unseren Hochzeitsort. Ich verkneife mir gerade noch so ein Freudentränchen und bejahe gerne und schnell die Frage nach dem angebotenen Glas Sekt. Die Ladeninhaberin verschwindet kurz um die gekühlte Flasche und die Gläser zu holen. Lennart drückt mich an sich und haucht seine Freude in mein Ohr. Ich bin selig.

Eine Stunde später sitzen wir wieder im Wagen. Ich wundere mich gerade weshalb wir in die falsche Richtung fahren, als Lennart freudig ruft „ Und jetzt kommt Deine Überraschung!“. Ich schau ihn entgeistert an „Wie – jetzt? Wir wollen doch die Willkommenstaschen für unsere Hochzeitsgäste in die Ferienwohnungen bringen?“ versuche ich unschuldig vom Thema abzulenken und wirklich überrascht zu wirken. „Keine Chance – Augen schließen!“ Brav folge ich der Aufforderung und versuche blinzelnd zu erkennen wohin wir fahren. Gut, Richtung Westerland. Das kann vieles bedeuten. Vielleicht sollte ich mich wirklich mal überraschen lassen! Oh-wir biegen ab. Industriegebiet Tinnum. Jetzt zum Baumarkt??? Oder wir sorgen für Nachschub in unserem Syltella-Vorrat und besuchen die Sylter Schokoladenmanufaktur. Das wäre eine Maßnahme. Nein – wir halten am Terminal 2. Er wird doch nicht…! Der Wagen hält, Lennart läuft um den Wagen und öffnet mir galant die Türe.

„Ebba, Du weißt, ich möchte Dir die Welt zu Füßen legen. Am einfachsten geht das, wenn wir die Perspektive ändern.“ Er hat es nicht vergessen. Obwohl wir ständig zu Sport- und Lifestyle-Messen, zu beruflichen Terminen und Theater-Engagements quer durch Europa fliegen, haben wir das irgendwie  nie geschafft. Und genau das war immer mein Traum: Nur wir beide (und ein erfahrener Pilot natürlich), losgelöst von allem, unter uns die Insel.

Wir fliegen in einer rot-weißen Cessna 182. Innerhalb von wenigen Minuten und nach beenden einer großen Schleife liegt sie in voller Pracht vor uns – die Insel des Genusses und der Natur. Unsere Hochzeitsinsel. „Mit Dir dem Himmel so nah“ geht mir durch den Kopf und ich schmiege mich glücklich an Lennart. Die herannahenden Wellen sind an der Westküste wunderbar zu erkennen und ich erblicke die einzelnen Inselorte mit den jeweiligen Besonderheiten. Selbst einzelne Möwenformationen kann ich von hier oben noch ausmachen. Die Strände sind gut besucht, die Menschen erscheinen wie bunte Punkte zwischen den weißen Strandkörben. Nach dem Passieren des Vogelschutzgebietes Rantumbecken kann ich von oben die Kuppel der Syltquelle erkennen, wo seit Jahren das Meerkabarett und die Stiftung Kunst:Raum zuhause sind.

Wir fliegen über die mit 500 m schmalste Stelle der Insel – den Inselort Rantum, und ich kann in der Ferne neben dem Hörnumer Leuchtturm bereits auch schon die Nachbarinseln Föhr und Amrum entdecken. Zwei Schiffe der Adler-Reederei kreuzen später auf dem Weg zu den Halligen unsere Route und ich erfreue mich am Anblick des Weltnaturerbes Wattenmeer von oben. Über Pellworm bis nach Nordstrand geht unsere Tour und es könnte noch ewig weitergehen. So friedlich, Natur pur. Ich bin einfach nur am Leben und genieße den Augenblick. Noch zwei Tage.

„Greta und Sebastian haben angerufen. Der Zug hat eine dreiviertel Stunde Verspätung“. Mama steckt den Kopf in Türe. „Ist nicht schlimm, eher gut! Dann fahren wir vorher noch im Benen-Diken-Hof vorbei und liefern die Menükarten ab“. Manchmal bekommt man eben einen Zeitpuffer geschenkt, denke ich lächelnd, und zaubere die schmucke Kiste mit den handgeschriebenen Menükarten aus dem Bettkasten hervor.

Vorsichtig klappe ich eine Karte des edlen Büttenpapieres auf und bewundere erneut die filigrane Schriftführung der Kalligraphin, die unsere Menüfolge und die Weine mit nachtblauer Tinte geschrieben hat. Auf der Vorderseite prangt erhaben in Goldschrift unser Hochzeitslogo, welches per Prägedruck eingearbeitet wurde. Ebenso jeweils der Name des Gastes, an dessen Platzteller die Karte gestellt wird. Edel und kostbar. Diese Menükarten werden sicher einige der Gäste als Erinnerung an unser Hochzeitsfest auf Sylt aufbewahren!  Eine tolle Idee der Juwelierin in List, die uns bei der Planung der Hochzeit sehr unterstützt hat, freue ich mich. Eines kam für mich gar nicht in Frage, und das hatte ich ihr erzählt. Ich finde nämlich, im Internet eine Druckbestellung aufgeben, und Menükarten von der Stange kaufen, kann jeder. Es sind einfach genau diese Details, auf die es mir persönlich bei der Organisation der Hochzeit ankam.

Ebenso hat die beauftragte Kalligraphin in Kleinstarbeit unsere Kirchenhefte von Hand geschrieben, die wir bereits zum Pastorat nach Keitum gebracht hatten.

So kann der Küster sie zur Messe an die Plätze verteilen, die Pastorin und der Organist haben den finalen Messe-Ablauf, Noten und Liedtexte frühzeitig und komplett vorliegen.

Für die Freudentränen der Gäste, die hoffentlich nicht einfach verdrückt sondern abgetupft werden, haben wir entsprechende Tüchleins anfertigen lassen. Diese sind im chicen, farblich passenden Umschlag an die Kirchenhefte gebunden. Zusammen mit den kleinen Fläschchen, die mit sogenannten Weddingbubbles gefüllt, zum Hochzeitsseifenblasen-pusten gedacht sind.

Auf der kurzen Autostrecke nach Keitum zum Benen-Diken-Hof verkündet der RSH-Sprecher im Radio die neuesten Star-News. „Mach mal lauter“, bitte ich Lennart. „… alles nur eine gezielte Strategie, um die Presse irrezuführen…“ Ich pruste los: „Also doch nix mit Brangelina als Hochzeitspaar. Zuerst sind wir also dran, und die beiden haben die komplette Weltpresse veräppelt“. Lennart grinst und sagt, dass er sich das genau so schon gedacht hat. Die Meldung einer bevorstehenden Hochzeit von dem berühmten Hollywood-Schauspielpaar Angelina Jolie und Brad Pitt pünktlich zur goldenen Hochzeit von Brads Eltern stellt sich also als Fehlinfo der irregeführten Presse heraus. Kann ich gut verstehen. Die beiden Verliebten werden sicher irgendwann ohne Rummel, ganz alleine im engsten Familienkreis getraut. Dann, wenn  niemand damit rechnet, und die Presse auch keinen Wind davon bekommt. Nur gut, dass wir beide, unsere Pläne und unser Hochzeitsfest „echt“ sind. Ohne Zweifel – unsere Gäste reisen heute an, morgen ist der große Tag. Schon heute Abend treffen wir uns alle in List zum zünftigen „Get-together.“ Sicher wird das „schon-wieder-doch-nicht-Hochzeitspaar Angelina & Brad“ auch dort zum Thema gemacht.

Der Kies in der schmucken Einfahrt zum Haus knirscht, wir kommen am Benen-Diken-Hof an.

Mir läuft das Wasser im Munde zusammen, wenn ich an unser tolles Hochzeitsmenü denke, was unsere Gäste und wir dort morgen kredenzt bekommen:

„Zweierlei Variation von der Nordseekrabbe mit grünem Spargel.“

„Auf der Haut gebratener Loup de Mer mit altem Balsamico, Kartoffelstroh und Champagnerschaum.“ Im Anschluss „Zweierlei vom Keitumer Lamm, Trüffeljus, Gemüsesäckchen und Rosmarin mit Schupfnudeln. „Und als abschließende Menükrönung mein persönliches Highlight: „Marinierte Beeren mit Champagnermousse und Zitronenmelisse“.

Die freundliche Mitarbeiterin an der Rezeption nimmt uns und unsere Menükarten-Schatulle in Empfang und geleitet uns zum Restaurantleiter. Wir sprechen kurz die letzten Details durch und freuen uns, dass er alle vorab getätigten Absprachen so präsent im Kopfe hat.

Alles ist gut. Meine Aufregung vor morgen ist total unbegründet. Die Freude darf alleine bleiben!

„Hier hinten sitzen wir – huhu!“ Kaspar und Belinda winken. Sind wir also nicht die ersten. Wir verteilen Umarmungen und Küsschen an meine Cousine und deren Mann und freuen uns über den perfekt vorbereiteten langen Tisch im Bistro Austernmeyer in List. Nach und nach erscheinen unsere weiteren Hochzeitsgäste. Die Wiedersehensfreude ist groß. Karla aus Schweden habe ich nun drei Jahre lang nicht gesehen. Wie schön, dass wir nach wie vor Kontakt halten (Skype sei Dank), und sie sofort freudig zusagte, als ich sie fragte, ob sie meine Trauzeugin sein möchte.

Die Gästeschar ist  mittlerweile auf knapp 20 Personen angewachsen, als ein junger Mann mit Gitarrenkoffer das Bistro betritt. Irgendwo habe ich ihn schon mal gesehen. Er nimmt die Kappe ab, präsentiert seinen Lockenkopf, und nun weiß ich, wohin ich ihn stecken darf. „Das ist doch Oliver, der Sylter Inselbarde!“ Marit grinst und nun kann ich mir den Rest zusammenreimen. „Na, ist die Überraschung gelungen?“ Ich erinnere mich an unser vorletztes Familientreffen auf der Insel, als wir während eines Inselfests am Kapellenplatz in Wenningstedt zufällig einen Auftritt dieses Sängers und Gitarristen miterlebten. Schon damals hatte er mir sehr gefallen. Rockte er doch die Bude, und traf gleichzeitig in weiteren Songs auch die ruhig-melancholischen Töne. Und nun sollte er also unseren Abend hier in List begleiten. Perfekte Idee meiner Schwester. Nach „Tage wie diesen“ schmettern wir natürlich auch „Ich will zurück nach Westerland“ mit, und genießen dabei einen schönen Mosel-Riesling und die Meeresfrüchteplatte. Gegen Mitternacht verlassen wir beschwingt das Lokal. Wir schlafen die letzte Nacht vor unserer Hochzeit getrennt voneinander. Was uns nicht leichtfällt, aber wir sind Freunde der Tradition. Zudem wollen wir uns in unseren Hochzeitsoutfits das erste Mal bei der Traulocation sehen. Ich schlafe zusammen mit Karla bei meinen Eltern im Ferienhaus. Lennart in der Ferienwohnung seines Trauzeugen Sebastian, den seine Frau Annegret und die Kinder Luca und Christopher per Zug auf die Insel begleitet haben.

Ein Kitzeln weckt mich. Ein Sylter Sonnenstrahl! „Das ist ja wie gemalt“ denke ich, und bin schlagartig wach. Richtig gut geschlafen habe ich, was ich nie für möglich gehalten hätte. Neben mir gähnt meine Trauzeugin und wischt sich den imaginären Schlaf aus den Augen. „`n Morgen Braut!“ Ich umarme sie kurz und gehe zum Wäscheschrank. „ Mich hält nichts mehr im Bett. Aber ich bin fit, freu mich und bin keeeeeeein bißchen aufgeregt!“ Karla grient zurück und zieht sich die Decke näher ran. „Ich bleib noch zwei Minuten liegen, dann komm ich nach.“ Nach der wechselnd Warm-Kalt-Dusche bin ich nun richtig wach und zieh meine Jeans und Bluse an. Zehn Minuten später sitze ich im Lister Friseursalon, vor mir eine dampfende Tasse Kaffee, neben mir eine gutgelaunte Friseurin. Die vor Tagen ausprobierte Brautfrisur gelingt perfekt und so langsam wird mir bewusst: heute ist der große Tag! Die Visagistin hat auch gezaubert. Das Hochzeitsmakeup passt zu mir, unterstreicht meine Augen und den Mund, ansonsten sind nur dezente Highlights gesetzt.

Zurück im Ferienhaus lege ich gerade mit Hilfe von Mama und Karla die Brautrobe an, als es in der Einfahrt hupt. Ich sehe Papa mit unserem Hochzeitswagen ankommen und denke „Bond – James Bond!“. Genauso galant wirkt Pa in seinem Anzug. Und genauso jugendlich-beweglich wie der weltweit bekannteste MI6-Agent hält er mir zwanzig Minuten später die Türe des gemieteten Aston MartinDB9 Caprio auf, dem meiner Meinung nach elegantesten aller Bond-Wagen.

Stilecht, und wie gemacht für unsere Fahrt zur Trauung.

Die Fahrt verläuft gar nicht ruhig. Papa erzählt in einer Tour, wie das damals mit Mama war. Das Kennenlernen, die Hochzeit und welche Herausforderungen beide gleich zu Beginn gemeistert haben. Ich muss zugeben, dass ich bei dem Redefluss nun langsam doch nervös werde, obgleich ich es natürlich toll finde, dass Papa mir bei der Gelegenheit noch einiges mit  auf den Weg gibt.

In Keitum angekommen erblicke ich freudestrahlend Lennart, wie er unruhig an seiner Krawatte zupft.

Gleichzeitig sieht auch er uns und winkt.

Papa parkt den Wagen, kommt auf meine Seite und hält mir die Türe auf.

Ein kleines Blitzlicht-Gewitter des Hamburger Hochzeitsfotografen nebst Assistenten und weitere Kameras unserer Gäste begleiten meine ersten Braut-Schritte Richtung Lennart.

Er ist sicher nur geblendet von den Kameras, oder was bedeutet wohl das kleine Tränchen im Augenwinkel? Lennart küsst mich auf die Stirne, gibt mich kurz frei, um mich doch an den Händen weiter fest zu halten „Du bist wunderschön und ich bin stolz, Dich gleich zur Frau zu nehmen.“

Selig begrüßen wir kurz unsere Gäste, bevor wir von der Standesbeamtin geleitet den festlichen Seefahrtsraum im Heimatmuseum betreten. Die Sylter Standesbeamtin erzählt vom Sylter Wind, der uns gedanklich bei Herausforderungen immer die Regenwolken in der Ehe wegpusten soll. Ein schönes Bild. Werde ich mir bei Bedarf zurück in die Gedanken holen.

Nach einigen Minuten wird es ernst. Die Trauzeugen bringen die Ringe zu uns nach vorne und legen sie auf ein vorbereitetes Schälchen. Wir werden gebeten uns von den Plätzen zu erheben und die Standesbeamtin liest freundlich, jedoch mit der notwendigen Ernsthaftigkeit unsere Ehedokumente vor. Alles stimmt natürlich, die gewünschte Namensgebung nach der Eheschließung, unsere Geburtsdaten. Auch stimmt, dass wir hier nach reiflicher Überlegung und im freien Entschluss unsere Ehe beschließen möchten.

Alles kommt mir vor wie im Film. Schon über 1000 Mal gesehen, und immer davon berührt worden, wird diese Frage nun an Lennart und mich gerichtet. Wir bejahen nacheinander und dürfen uns dann küssen. Wirklich wie im Film. Nur noch schöner.

Nach uns unterschreiben auch die Trauzeugen die Urkunden, und schon gratuliert uns die nun entspannt lächelnde Standesbeamtin als erste.

Unsere Eltern, Geschwister, die Trauzeugen und weiteren Gäste schließen sich an.

Zwei Servicemitarbeiter des Benen-Diken-Hofs schenken Champagner aus, und reichen maritime Häppchen an die Gäste. Lennart ergreift das Wort, hält eine sehr berührende Rede und erhebt das Glas. Wir stoßen alle auf die Hochzeit und den besonderen Tag heute an.

Wie schön, dass der Empfang im Garten des Heimatmuseums stattfinden kann. Die Sonne strahlt, es ist angenehm warm, und wir genießen jeden Augenblick. Der gebuchte Sylter Saxophonist spielt bekannte Jazz-Rhythmen, die Stimmung ist ausgelassen.

Zu unseren Gästen gesellt sich die bekannte Inselführerin Silke von Bremen. Mit ihr spazieren wir im Anschluss an den Empfang wie geplant durch Keitum. Sie erzählt uns von der Sylter wirtschaftlichen Blütephase im 18. Jahrhundert, als viele Sylter Walfänger und Handelsseefahrer die Weltmeere bereisten. Einige Reethäuser aus der Epoche stellt sie uns auf unserem sonnigen Spaziergang vor. Wir gehen durch das Pfädchen „Frachtenstegelk“ wo sich die Paare in früherer Zeit zum „spazierengehen“ und heimlichen Händchenhalten verabredet haben. Natürlich erwarten alle Gäste von uns dort einen Kuss, den wir freudig austauschen. Die Gästeführerin erzählt von Hochzeitstraditionen in früherer Zeit und schließt mit ihrem Vortrag an unserer Hochzeitskirche St. Severin in Keitum. Andächtig stehen wir vor dem Portal und lauschen ihren Worten. Die Kirche stammt nach den jüngsten Erkenntnissen aus dem Jahr 1216. Der Keitumer Kirchendachstuhl ist damit der bisher älteste bekannte Dachstuhl Schleswig-Holsteins! Es sind in den Jahrhunderten ihres Bestehens zwölf Kirchen im Meer und in den Wellen versunken. St. Severin hat alles überstanden. Hier gab es weder Bomben noch ist die Kirche je ausgebrannt. Sie hat alle Katastrophen überstanden, ob die Pest von 1350 oder die großen Fluten 1354 und 1362. Es ist genau so, wie unsere Pastorin Zingel im Traugespräch gesagt hat: die Kirche steht für Hoffnung und so etwas Beständiges sucht man heute oft. Die Kirche ist für viele und auch für uns so etwas wie ein Sehnsuchtsort.

Alleine schon aus diesem Grunde wird sie gleich auch unsere Hochzeitskirche werden.

Der spätere Gedanke an sie, die Momente in der Kirche und unser gegenseitiges Ja-Wort soll uns durch die Untiefen des Lebens tragen. Uns immer wieder versichern: wir sind gehalten, stehen auf festem Grund, uns kann nichts passieren, unsere tiefe Liebe hat sich bewiesen und hält allem Stand.

Die Gäste gehen geschlossen in die Kirche und nehmen auf den Bänken Platz.

Die Glocken läuten, als die Pastorin uns beide im Eingang begrüßt. Sie verabschiedet sich kurze Zeit später, geht zur Sakristei, woraus sie wenige Momente später den Kirchenraum betritt.

Von der Orgel erschallt das Präludium, BWV 846 während ich von meinem Bräutigam zum Altar geführt werde. Wir schreiten wie in Zeitlupe den Gang entlang, der Weg erscheint mir endlos.

Die Kirche ist innen zauberhaft geschmückt. An allen Bänken sind kleine Blumenarrangements angebracht, die in unseren Hochzeitsfarben leuchten, und sich an den Traustühlen vorne im Altarraum als ineinander verschlungene Ringe wiederholen.

Die Pastorin begrüßt uns, das Brautpaar, die Hochzeitsgesellschaft und Gemeinde. Zusammen mit dem Kirchenchor singen wir „Lobe den Herren“. Wie gut dass wir Lieder gewählt haben, die die meisten kennen und sich zu singen trauen. Die Kirche ist erhellt vom Gesang.

Es erfolgt eine Ansprache der Pastorin, gefolgt vom Lied „Liebe ist nicht nur ein Wort“, welches der Kirchenchor St. Severin vorträgt.

Und nun ist es soweit. Nach einleitenden Worten werden wir getraut, dürfen die Ringe wechseln und uns küssen. Wenige Minuten später sind wir Mann und Frau. Und am Ziel unserer Träume.

Wir tragen mit Stolz die wunderschönen Platinringe, und freuen uns wiederrum, dass wir sie auf unserer Hochzeitsinsel Sylt ausgewählt haben. So werden uns die extra für uns angefertigten Ringe von Deutschlands Nördlichstem Juwelier für immer funkelnd an den Tag unserer Eheschließung und besondere Verbindung erinnern.

Nach unseren Gästen, die uns formiert im Spalier vor dem Portal erwarten, verlassen wir zu den Klängen „Oh happy Day“ freudetrunken unsere Hochzeitskirche.

Draußen angekommen erwarten uns tanzende Sonnenstrahlen, und Glück bringende Hochzeits-Seifenblasen, die eifrig von unseren Gästen aus den kleinen Röhrchen in den Himmel geschickt werden. Mama, Papa, meine Schwiegereltern, die Trauzeugen und Geschwister fallen uns um den Hals, drücken uns Küsse auf die Wangen und geben uns ihre guten Wünsche mit auf den Weg.

So viel Glück, so viele gute Gedanken. Ich möchte am liebsten die Zeit anhalten und bin froh, dass unsere Gäste auf so zweifelhafte Überraschungen wie „traditionelles Baumstammsägen vor dem Kirchenportal“, „Herz aus Betttuch mit stumpfer Schere ausschneiden“ & co. verzichtet haben. Basteln muss ich nun heute wirklich nicht, und genieße viel lieber Umarmungen, echte Gefühle und Freude, statt alberner Spielchen. Aber ich kenn meine Leute schlecht, natürlich haben sie noch was in petto, und das lässt mein Herz nun doch vor Freude hüpfen: am Ende des Spaliers erkenne ich Pucki, das Sylter Original, den Fahrer der Oldtimerbusse von der SVG, der gerade freundlich mit Hand an der Mütze grüßt und über beide Backen strahlt. Als wir näher kommen, sehen wir hinter den Büschen den blauen Oldi Borgward geparkt, der mit unseren Hochzeitsblumen und schicken Schleifchen an den Außenspiegeln als Hochzeitsgefährt geschmückt ist. Ein Traum!!! Ich bin überwältigt, was für eine tolle Überraschung!

Eigentlich wollten wir zu Fuß in die Ortsmitte und im Anschluss an die Trauung unsere Hochzeitstorte im Benen-Diken-Hof anschneiden. Stattdessen gehen wir nun gemeinsam auf große Fahrt. Über Munkmarsch, Braderup und Kampen geht es hoch nach List, wo wir kurz am Hafen aussteigen, und zur Stärkung Fischbrötchen essen. Der Verkaufsstand eignet sich hervorragend für außergewöhnliche Hochzeitsfotos zwischendurch, so richtig aus dem Leben, und uninszeniert  wirkend. Lennart stellt sich hinter den Tresen und tut so, als hätte er das köstliche Krabbenbrötchen selbst belegt, was er mir, seiner Braut gerade „verkaufen“ will. Später im Bus komme mir fast vor wie auf Klassenfahrt, so ausgelassen ist die Stimmung. Der Fahrer Pucki bringt über den Bordlautsprecher  einen Spökes nach dem anderen, neben den vielen interessanten Dingen die er über jeden Inselort zu erzählen hat, durch den wir fahren. Über das Listland, Kampen, Wenningstedt geht es weiter nach Westerland, und nach kurzer Zeit erreichen wir unsere Endstation Keitum. Vor dem Bus nimmt unser Fotografenteam noch einige Gruppenbilder der Festgesellschaft während Pucki uns immer wieder  zum Lachen bringt. Die Fotografen müssen einfach nur noch die tolle Stimmung einfangen.

Im Garten des Benen-Diken-Hofs ist für uns und unsere Hochzeitsgesellschaft eine wunderschöne Szenerie aufgebaut. Die Gartenstühle sind festlich mit Schleifenband dekoriert, und jeden Stuhl ziert  ein an die jeweilige Stuhllehne gebundener roter Helium-Herzballon, den wir nachher alle gemeinsam  auf die Reise schicken werden. Meine Trauzeugin Karla verteilt fleißig rote Pappkarten und Stifte, damit jeder Gast seine Wünsche für uns hierauf notiert, bevor die Karten mit Wünschen an die Ballons gebunden gleich Richtung Himmel fliegen.

Mama und Lennart bewundern die herrlich cremigen Cupcakes, die mit unserem Hochzeitslogo verziert auf einer silbernen Étagère  arrangiert sind. Die hinzugelegten Beerenfrüchte vervollständigen das tolle Farbenspiel. Die Inhaberin aus dem Lister Cupcake-Laden hat wirklich ganze Arbeit geleistet. Ich hatte die kleinen „Tassen“-Muffin-Küchlein mit dem Topping aus Frischkäsecreme oder Sahne damals in England kennen- und lieben gelernt. Auf einer Sylter Geschäftseröffnung vergangenen Sommer hatte ich die kleinen Leckereien dann wiederentdeckt. Mich riesig gefreut, dass es die Köstlichkeiten nun auch auf Sylt gibt, und natürlich direkt für unsere Hochzeit angefragt.

Drei Servicemitarbeiter reichen langstielige Gläser gefüllt mit unserem Hochzeits-Bellini „Sweet Summerdream“ an die Gäste. Eine Kreation unserer Hochzeitsplanerin aus dem Lister Juweliersgeschäft. Als alle versorgt sind hebt Lennart sein Glas, ich lehne mich an ihn, und lausche gebannt seiner Begrüßungsansprache. Wie auf Kommando wird im Anschluss die Hochzeitstorte herausgebracht, und auf den freien Platz neben der Cupcake-Étagère drapiert.  Zeit für uns, zur Tat zu schreiten. Die Torte ist dreistöckig und bis auf das krönende kleine Erdbeerherz komplett weiß überzogen. Die Füllungen sind im Sockel und im Mittelstock jeweils unterschiedlich. Wir haben die Wahl zwischen Herrentorte und lockerem Marzipan-Nuss-Kuchen. Die ersten Gäste haben sich bereits an der Waldfruchtbowle bedient, die neben Kaffeespezialitäten zur Hochzeitstorte angeboten wird. Wie ganz selbstverständlich legt Lennart seine Hand auf meine, die das Tortenmesser sicher durch die Kuchenschicht führt. Mit dem ersten Bissen werde ich gefüttert, und das ganze wird von den Gästen mit wohlwollendem Applaus kommentiert. Die traditionelle Botschaft ist allen klar: in unserer Ehe wird er im übertragenen Sinne nun wohl das Sagen haben. Ferner dafür Sorge tragen, dass immer genügend Essbares greifbar ist. Schon fein, und ganz auf Traditionen wollten wir bei unserm Fest auch nicht verzichten. Die Eltern freut´s, wie ich schmunzelnd registriere.

Unsere Trauzeugen Karla und Sebastian verteilen die Helium-Ballons an die Gäste und wenige Minuten später hat jeder unserer Lieben seine Wunschkarte an die Schnur gebunden. Auf ein Zeichen des Fotografen-Teams werden die Ballons losgelassen und schweben sogleich vom Sylter sanften Wind getragen gen Himmel. Ich schicke noch ein paar geheime Wünsche für unsere Familien in Gedanken hinterher und lasse mich von Lennart küssen. Er zieht mich sanft zurück zu unseren Plätzen und wir verspeisen genussvoll ein weiteres Stück unserer leckeren Torte.

Fluffige Cupcakes – süßes Leben…

Wir genießen den angenehm-warmen Sommernachmittag im lauschigen Garten des Benen-Diken-Hof und die Zeit vergeht wie im Fluge.

Schon kommt der Restaurantleiter zu uns und berichtet, dass unser Festraum und das Küchenteam nun bereit ist, uns das Hochzeitsmenü zu servieren. Die Gäste können sich über eine Platzierungstafel erkundigen, an welchen Tischen sie sitzen und freuen sich, dort angekommen, über die hübschen Platzkarten, die dort in Form einer mit Gastnamen beschrifteten Sylter Auster auf sie warten. In jede Serviette ist eine Blüte unserer Hochzeitsblumen eingearbeitet, und sogleich werden die aufwändig von Hand gestalteten Menükarten inspiziert. Servicemitarbeiter eilen umher, und versorgen jeden Gast mit dem jeweils aus der Auswahl gewünschten Wein.

Ein helles rhythmisches Klopfen gegen Glas unterbricht die Unterhaltung der Gäste, als Papa sich sodann erhebt, und als Brautvater eine wunderschön-emotionale und pointen-reiche Rede hält. Ich fühle mich ebenso wie Lennart sehr berührt und bin froh, als flott nach Beendigung des wunderschönen gedanklichen Ausflugs in meine Kindheit, Jugendzeit, erste berufliche Entwicklungen und Kennenlerngeschichte von Lennart und meinen Eltern das phantasievolle Amuse-Gueule des Küchenteams serviert wird. Zwischen den Gängen lässt ein Geiger sehr gefühlvoll berühmte Stücke von Vivaldi erklingen. Es herrscht eine absolut festliche, aber dennoch unaufgeregte, ungestelzte Stimmung.

Das können wir besonders unseren Gästen verdanken, die sich untereinander gut verstehen, und ohne peinliche Pausen interessiert unterhalten können. Auch wenn sich so viele noch gar nicht vor dem Fest kannten, passen sie doch irgendwie alle gut zusammen.

Das Serviceteam des Benen-Diken-Hof arbeitet zurückhaltend-aufmerksam, und ist sofort zur Stelle, wenn ein Glas geleert oder ein Teller abzuräumen ist. Jedoch halten sie sich sympathisch im Hintergrund und nerven nicht mit übertriebenem Service. Die ganze Menüfolge verläuft sehr harmonisch, die Speisen munden und unsere Gäste strahlen Zufriedenheit aus.

Als Dessert werden meine geliebten marinierten Beeren mit Champagnermousse serviert und spätestens da fällt mir kein offener Wunsch für heute mehr ein. Das Brautkleid spannt doch schon ein wenig, als mein frisch Angetrauter mich nach dem Dessert zum Hochzeitstanz an sich zieht.

Der Geiger spielt inbrünstig unser Lied „I wonder why“ und wir beide schweben im Takt. Die Gäste tragen ausnahmslos die vorher verteilten Herzbrillen, und sehen somit jeden Lichtpunkt der festlichen Kerzen als tanzende Herzen. Meine Aufregung steigt ein wenig, weil gleich das passiert, womit keiner unserer Gäste rechnet. Die letzten Takte sind soeben verklungen, als eine Servicemitarbeiterin die Hausanlage im Festraum aufdreht und der Song „Love is in the air“ abgespielt wird. Unsere kleine Überraschung für die Gäste, da wir eine passende, recht leicht zu erlernende Choreographie hierauf einstudiert haben. Zunächst tanzen wir beide alleine, holen uns dann Brautmama, Vater, und weitere Gäste auf die Fläche, bis zum Schluss alle teilhaben an dem schwungvollen Gruppentanz. Wir liegen uns lachend in den Armen, lassen unsere Gläser auffüllen. Einige Gäste nutzen den lauen Sommerabend, um auf der Terrasse den Tag Revue passieren zu lassen. Andere wechseln den Tanzpartner und schwofen ausgelassen zur Musik. Die Party ist nun in vollem Gange.

Die Anlage bringt unsere vorher gewählten Lieblingsstücke, die Stimmung ist großartig und Mitternacht rückt immer näher. Zeit für das Restaurantteam, unseren Mitternachtssnack in kleinen Portionsschälchen an die Gäste zu verteilen. Diese freuen sich unisono über die herzhafte Currywurst, zu der Sylter Solebrot und kühles Kölsch gereicht wird. Noch einmal ertönt „Tage wie diese“, wozu wir alle ausgelassen tanzen und mitsingen, und uns einfach nur freuen.

Einige Stunden später ist auch das letzte Schnapsglas geleert, der letzte doppelte Espresso genossen, und wir als Gastgeber lassen uns freudig vom Restaurantleiter aus dem Festraum „fegen“. Wir betreten unsere Hochzeitsuite, köpfen noch eine Flasche Champagner, die uns das Team eisgekühlt auf´s Zimmer gebracht hat, und erzählen uns von dem überwältigend schönen Tag.

Am nächsten Morgen, die Nacht war kurz, weckt mich Lennart mit einem zarten Kuss auf die Stirn. „Guten Morgen meine wunderschöne Ehefrau!“ Ich setze mich im kuscheligen Bett auf, und genieße den Moment. Lennart hält mir eine dampfende Tasse Darjeeling entgegen und zaubert ein kleines Päckchen aus seiner Tasche. „Das ist für Dich. Dafür, dass Du immer für mich da bist, mich bedingungslos liebst, und mich gestern zum Mann genommen hast. Einfach, weil Du mich zum glücklichsten Mann auf ganz Sylt machst“. „Ach, bis Amrum reicht es nicht ganz?“ erwidere ich scherzhaft, um meine aufkeimende Aufregung zu vertuschen. Was mag wohl in dem Schächtelchen sein. Die Tradition der Morgengabe fällt mir ein, und mein Herz macht einen kleinen Hüpfer. Er wird doch wohl nicht…?!? Ich ziehe die gekonnt-gebundene Seidenschleife auseinander und öffne die Schatulle, die mir auffällig bekannt vorkommt. Und ich behalte recht, sie stammt aus dem gleichen Juweliersladen in List, der auf schmückende Ringe aus Platin spezialisiert ist, und wo wir jüngst unsere Trauringe gefunden haben. Mir steigen die Tränen der Freude in die Augen, als Lennart mir, da ich aktuell einfach handlungsunfähig bin, die Schatulle abnimmt, und mir den Inhalt liebevoll vor den Trauring steckt. Mir bleibt die Stimme weg, als ich hauche „einfach nur wunderschön“. Den funkelnden Memoirering hatte ich bei der Anprobe unserer Trauringe in der schicken Glasvitrine bewundert.

Das muss Lennart wohl aufgefallen sein. Ich lasse mich auf seinen Schoß gleiten und wende die geschmückte Hand in alle Richtungen. Das Schmuckstück passt exakt zum Trauring, und setzt ihn funkelnd in Szene. „Jeder leuchtende Brillant möchte meine Liebe zu Dir zum Ausdruck bringen“ ergänzt Lennart, bevor wir in einen endlosen Kuss versinken. „Schlimmer als im Film“ denke ich und bin einfach nur glücklich.

Zwei Stunden später machen wir uns frisch und fröhlich auf den Weg zum Hafen. Um 10 Uhr sind wir hier mit all unseren Gästen erneut verabredet, um an Bord des Kutters „Gret Palucca“ unser Hochzeitsfest auf Sylt stilecht ausklingen zu lassen. Die Bordmannschaft nimmt uns in Empfang, und schon kurze Zeit später heißt es „Leinen los“. Die Fahrt der Gret geht um den Ellenbogen und nimmt Kurs Richtung der Nachbarinsel Romo, um anschließend in großem Bogen an den von Seehunden und Kegelrobben heute gut besuchten Seehundsbänken vorbei, wieder den Lister Hafen anzusteuern.

An Bord genießen wir während der Fahrt maritime Häppchen wie Krabbenbrot, Matjes-Canapés und frisch geöffnete Austern. Wir lassen eine Flaschenpost zu Wasser, in der wir auf Büttenpapier unsere Wünsche für die gemeinsame Zukunft verfasst haben. Die Kids tragen Piratenhemden und alle haben riesig Spaß. Welch ein gelungener Festausklang.

Schöner hätte unser Hochzeitsfest gar nicht sein können. Und das lag nicht nur am traumhaften Sylter Wetter. Sondern an unseren Gästen, unseren Familien und Freunden, die unser Fest mit Stimmung und Harmonie gefüllt haben.

Da haben wir Angelina & Brad nun viel voraus. Auch wenn wir trotz unserer vielen beruflichen Reiserei nicht ganz an deren Weltenbummler-Pensum rankommen. Wir haben schließlich wirklich geheiratet!

Mit einem großen Fest, voller Sinnlichkeit und Gefühl. Mit den uns liebsten Menschen um uns herum.

Und das größtes Abenteuer folgt jetzt erst noch: unser Leben zu zweit. Die sicher spannendste Reise.

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