Verlobung auf Sylt

Mehr als kalte Füße - Verlobung auf Sylt

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Mehr als kalte Füße – Verlobung auf Sylt

 

Der Frühnebel lichtet sich. Wie lange habe ich geschlafen? Ich blinzele aus dem Beifahrerfenster und erkenne, dass wir die nicht enden wollende Autobahn doch endlich verlassen haben.  Das hatte mich sicher auch geweckt. Das Ende der immer gleichklingenden Monotonie. Nach der langgezogenen Kurve schaltet Arne in den fünften Gang und haucht einen Kuss in meine Richtung. Gemütlich ziehe ich die Knie an und erwidere voller Liebe seinen Blick. Da hat er uns durch die ganze Nacht kutschiert, und mich wie eingeschläfert schlafen lassen. Mein Held. Nix mit „wir wechseln uns ja sicher ab“.

Ganz ehrlich: besser so. Schlaf war echt dringend nötig gewesen nach Tagen und Nächten voller konzentrierter Arbeit. Und das Schlafnachholen ging diesmal ausnahmsweise sogar im Volvo.

Ich bringe meine Lehne ächzend in aufrechte Sitzposition, entledige mich meiner vor Müdigkeit vergessenen Sneakers, und massiere mir die noch immer schlafenden Füße.

Die zwei haben ganz schön hart gearbeitet die letzten Tage. Aber es hat sich gelohnt. Die Leiter der Bliss Dance Academy waren sichtlich begeistert von der Arbeit meines Presenter-Teams. Die jungen skandinavischen Teilnehmer des Dance-Festivals hatten durchweg alle die zweitägigen Abschluss-Prüfungen mit Bravour bestanden.

Die Horde Tänzer war gestern Abend zufrieden in alle Himmelsrichtungen verstreut nach Hause gereist, und auch wir haben uns nach der Abschlusskonferenz auf den Weg gemacht.

Nicht, wie die meisten anderen Organisatoren und Presenter an die Hotelbar, sondern zu unserem bereits von Arne perfekt bepackten Wagen.

Sylt – eine lange Strecke lag zwar vom Festivalort Halmstad/Schweden noch vor uns, aber unsere gemeinsame Auszeit war lange ersehnt. Arne wollte keinesfalls erst am nächsten Morgen  losfahren.

So hätten wir doch Vorsprung, bekommen einen halben Tag auf Sylt geschenkt. „Das ist die Vorfreude“ dachte ich schmunzelnd.

Er war bei Abfahrt so frisch, voller Tatendrang und Energie. So lies ich es geschehen, und setzte mich ausnahmsweise mal ohne die Emma-typischen Widerworte nahezu handzahm auf den Beifahrersitz. Berieselt vom Beat meines MP3-Players schlief ich schnell und selig ein. Ich träumte vom tanzen.

Zwar wachte ich zwischendurch hie und da kurz auf, fiel jedoch immer wieder in einen Schlaf voller Vertrauen in Arnes Fahrkünste.

Und nun sollen wir gleich wieder auf Sylt sein. Gute 600 km hinter uns gelassen – einfach so, wie hingebeamt. Begeistert registriere ich, dass wir bereits Skaerbaek passieren. Noch gute zwanzig Minuten, und wir sind am Fähranleger in Havneby. Endlich. Nach 8 Monaten beruflich und Tournee-bedingtem Sylt-Entzug fühlt sich das an wie ein warmer Frühlingsbeginn, Himbeereis und das erblicken eines Regenbogens gleichzeitig.

Ich will Meer riechen und kann es kaum mehr erwarten. Kurbele das Fenster im alten Volvo runter und halte genussvoll die Nase in den Wind. Wie schön, dass zumindest in unserem Wagen nicht alles nur noch elektrisch geht. Manchmal ist eben der Weg das Ziel, und die Entdeckung der Langsamkeit der größte Genuss. Auch ein Grund, weshalb wir am liebsten mit der Fähre auf „unsere“ Insel reisen.

Man hat von Bord aus lange das Ziel vor Augen, darf den Moment des Erreichens wahrlich erleben und zelebrieren. Neben den vielen praktischen Gründen, dass man sich, ganz wie man will, die Füße vertreten, oder in aller Ruhe einen Kaffee trinken kann, während uns das Stahlkoloss, was uns im Hafen von Havneby verschluckt, und später in List wieder ausspeien wird, unsere geliebte Insel mit jeder Welle näher und näher bringt.

Aber auch von der Weitläufigkeit der Insel Rømø bin ich immer wieder fasziniert. Die südlichste dänische Nordsee-Insel ist um ein Drittel flächiger als Sylt, zählt jedoch nur rund 700 Einwohner.

Ein absoluter Rückzugsort, was von den umwerfend breiten Stränden im Süden nur noch unterstrichen wird. Hier kann man wirklich mal abtauchen und für sich sein. Ein Gefühl, was ich sonst nur von ausgedehnten Spaziergängen an der Wattseite zwischen Rantum und Hörnum, oder an Wintertagen auch vom Sylter Ellenbogen her kenne. Wir fahren die rund 9 km über den Rømø-Damm und ich freu mich, dass dies in unserem Tempo passieren darf. Kein Drängler hinter uns, und nach vorne hin freie Sicht. Nach wenigen Minuten setzt Arne den Blinker und unser in die Jahre gekommener Wagen wird von ihm über den knirschenden Kies der Einfahrt gelenkt. „Emma, wir haben noch fast eine halbe Stunde Zeit, bis die Fähre ablegt. Komm, lass sie uns endlich wieder mal besuchen“. Arne öffnet mir die Beifahrertüre und zieht mich an sich. „Willkommen auf Rømø – vor sich sehen Sie die wunderschöne, dem Schutzheiligen der Seefahrer Sankt Clemens geweihte  Rømø-Kirke aus dem Jahr 1200.“ Mit der angemessen nötigen Ehrfurcht blicke ich auf den erhabenen weißen Bau, dem Wahrzeichen der Insel in der Ortschaft Kirkeby, die nach dem ursprünglichen Bau im 13. Jahrhundert im 17. und 18. Jahrhundert ausgebaut wurde. Wir betreten den Kirchenraum durch das Portal und genießen die angenehme Kühle im Innern. Es ist ganz still und wir sind die einzigen Besucher.

Die Bänke sind zumeist als Abteile voneinander getrennt, und mit Familiennamen gekennzeichnet. Wir fühlen uns zurückversetzt in eine längst vergangene Zeit, und wagen nicht, die Bänke zu betreten. Still und in ein Gebet versunken verharren wir einige Minuten, bevor das sich von außen öffnende Portal und die nun hereinscheinenden Sonnenstrahlen uns ins hier und jetzt zurückbringen. Eine junge Familie betritt den Kirchenraum und die beiden schon größeren Kinder bewundern staunend die kostbaren Schiffsmodelle aus der Walfangzeit, die es dort zu entdecken gibt. Arne ergreift meine Hand, küsst jede Fingerkuppe einzeln, und führt mich zurück nach draußen. „Meine Liebe, auf zur Fähre, Sylt ruft!“

Zurück im Wagen legen wir die letzten drei Kilometer bis zum Fähranleger in schweigsamer Vorfreude zurück. Endlich wieder Sylt… Oft träume ich von der Insel. Und immer das gleiche. Dass es noch so viele unentdeckte und unbesuchte Flecken dort für uns gibt. Und wir schnell wieder dort sein müssen, um bloß alles zu sehen und zu erleben. Einmal vor Jahren im Winter haben wir es tatsächlich geschafft, und sind die komplette Insel in jeweils Tages-Etappen am Flutsaum, Wattenmeer und Deichen umlaufen. Näher und intensiver kann man die Insel nicht spüren. Und dennoch, es wird uns nie langweilig dort. Die Landschaft wandelt sich ständig. Überall sieht es wieder anders aus als vor wenigen hundert Metern. Die Kontraste von tosendem Weststrand, weitem Heideland, Dünenzauber und die natürliche Ruhe am Wattenmeer liebe ich besonders. Auch die Orte haben jeder für sich seinen ganz eigenen Charme,  und es ist ein besonderer Genuss mit dem Fahrrad, oder noch am besten per Pedes jeden einzelnen zu entdecken.

Arne unterbricht meinen Tagtraum. „Magst Du noch ein Eis? Komm, an der Bude steht grade niemand an, das schaffen wir noch!“ Gehört irgendwie zu unsrer Sylt-Anreise-Tradition. Noch ein Eis am Hafen Havneby kaufen, was dann gleich draußen auf der Fähre oben in einem der Strandkörbe genossen wird, während wir „unserer“ Insel entgegen schippern. Auch wenn wir diesmal kurz vor Ablegen der Fähre echt spät dran sind, muss das natürlich sein! „Zwei Himbeer, zwei Walnuss bitte! Und mit Liebe…!“ gebe ich meine Bestellung auf.  Mit zwei großen Bechern kommt Arne lachend wenige Minuten später zurück zum Wagen. Die Fähre hat bereits einen Großteil der PKW´s und Wohnmobile aufgenommen, als wir uns endlich in die verbleibende Schlange einreihen. An Bord verschließen wir den Volvo, und laufen den schon sehr vertrauten Weg über die Treppe nach oben zum Außenbereich der Fähre. Uff, es sind doch noch Strandkörbe frei. Wir drehen den gewählten Strandkorb Richtung Sonne und nehmen Platz. Das Eis ist wie immer ein Genuss und mit Freude spüren wir nun, dass die Fähre nach einem kleinen Ruck das Ausparken am Fähranleger beginnt. Wir nehmen langsam Fahrt auf, lassen den Hafen hinter uns, und schieben uns gleichmäßig durchs Wattenmeer. Arne nimmt meine Hand „Endlich wieder mit Dir alleine, und das an unserem Lieblingsort“. Ich schließe meine Augen und erwidere seinen Kuss. Die letzten Monate waren wirklich dünn gesät mit Zweisamkeit. Umso mehr voller Arbeit gepackt, mit vielen Teamabsprachen, Choreographie-Stunden und Auftritten. Dankbar für den Moment lehne ich mich im Strandkorb zurück, atme die Seeluft tief ein. Genieße das kitzeln der Sonne und den wunderbaren Menschen neben mir. Der mich durch alle Untiefen und Stürme des Lebens trägt. Und mir diese Reise geschenkt hat. Die Reise zu uns, die Reise nach Sylt.

Arne nestelt in seiner Tasche herum, und als er sich wieder aufrichtet, hält er einen Piccolo-Sekt und zwei Gläser in der Hand. „Emma, ich möchte mit Dir anstoßen. Auf die gemeisterte Zeit, die nun hinter uns liegt. Ich wünsche uns nun entspannte Tage auf Sylt, endlich mal alleine mit Dir. Auf eine schöne gemeinsame Sylt-Zeit!“

Der Rest der Fähr-Überfahrt vergeht wie im Flug. Kaum dass wir Havneby hinter uns gelassen hatten, und damit gedanklich auch die anstrengenden vergangenen Wochen und Monate, gewinnt das Stahlkoloss an Geschwindigkeit. Die Menschen am Kai werden kleiner, die Anzahl der Möwen, die über uns kreisen, dafür umso größer. Halten sie doch gebannt Ausschau nach vorfreude-seligen

Sylt-Urlaubern, die unaufmerksam mit ihrer Eistüte, Waffel, Crepes oder sonstigem wedeln.

Wir lachen auf, als wir mitbekommen, wie der ältere Herr im Nachbarstrandkorb die Reste seiner Waffel-Eistüte mit einer gierigen Möwe teilen muss. Er lacht mit und freut sich, dass zumindest seine blondgelockte Enkelin verschont bleibt, und  ihr Eis in Ruhe zu Ende genießen darf. „Das ist ja noch schlimmer als mit den roten GOSCH-Tüten!“ ruft er in unsere Richtung. „Selbst diese auffälligen Verpackungen kennen die Möwen, und wissen was Leckeres drin ist. Von wegen – ich war angeln!“  Kein Geheimnis, dass die schlauen Tierchen nach jahrelangem Zufüttern „tierlieber“ Urlauber diese gezielt bejagen. Und nur gut, dass durch gekonnte Aufklärungsarbeit zumindest das unnötige, und für die Tiere gefährliche Füttern von Menschenhand mittlerweile mehr und mehr ausbleibt. Mein Eis ist ebenso aufgegessen, wie das zweite Bällchen von Arnes Eis, welches er mir mit einem liebevollen Augenzwinkern abgetreten hat.

Ich rücke meine Sonnenbrille zurecht, lehne mich genussvoll in den Korb und flüstere meinem Lieblingsmenschen  ins Ohr, wie sehr ich diese Momente herbei gesehnt habe. Endlich Ruhe, weit weg vom Trubel des Alltags. Endlose Weite und Natur – Arne und Emma pur.

Nur wenige Minuten später liegt die Sylter Ellenbogenspitze bereits in Sicht. Wir erblicken dort ein paar wenige Menschen, die sich am Flutsaum nach Bernstein und Muscheln bücken, oder einfach mit Muße schlendernd den Moment genießen. An Deutschlands nördlichstem Zipfel.

In der Nähe des Leuchtfeuers List – Ost liegt unser gemeinsamer Lieblingsort. Auch wenn man dort aufgrund der vorherrschenden gefährlichen Strömungen keinesfalls baden darf, halten wir uns dort am liebsten im Urlaub auf. Ein gutes Buch, eine Flauschdecke, ein schöner Wein – und natürlich Arne an meiner Seite … mehr braucht es nicht, um dort Stunde über Stunde das Leben zu genießen. In freier Natur und mit ganz wenig Menschen um uns herum.

Den Königshafen streifend sehen wir bald schon die ersten Gebäude von der Ortschaft List vor uns liegen. Die Fähre beschreibt einen großen Bogen um den Hafen herum, bevor sie ihr Ziel erreicht, und am Fähranleger die Luke öffnet. Mit uns im alten Volvo verlassen etliche weitere Wagen, Wohnmobile und sogar ein paar Fußgänger die Syltfähre. Wir reihen uns in die Kolonne ein, biegen am Kreisel ab,  und steuern nach alter Arne-Emma-Tradition auf den Parkplatz am Hafen zu. Erst mal direkt zu „GOSCH´s Alten Bootshalle“ und dort mit Fischfilets für den Abend eindecken. Schnell haben wir an der großen Wunschtheke unsere Wahl getroffen, den Einkauf noch mit zwei Flaschen Pinot Grigio ergänzt, und uns mit den neuesten Sylt-Zeitschriften eingedeckt. Das fleißige Auspacken der Reisetaschen im Ferienhaus kann beginnen. Als wir durch den Ort fahren bemerken wir schnell, dass sich einiges verändert hat. Neben der katholischen Kirche St. Raphael in der Ortsmitte sind die Läden im Geschäftshaus „hafen7“ bezogen. Zuletzt haben wir das Gebäude noch im Rohbau-Zustand gesehen. Selbst im Vorbeifahren entdecke ich vom Beifahrersitz aus für mich höchst Interessantes. Ein Geschäft mit besonderen Glasskulpturen, die sich mit größter Wahrscheinlichkeit  gut in unserem heimischen Garten machen. Der Laden voller Taschen nebenan hat es mir besonders angetan. Ferner ein schönes Eckgeschäft, welches sich „Sylter Ring-Atelier“ nennt, und wo sich der ansässige Juwelier offensichtlich auf wertigen Fingerschmuck spezialisiert hat. Über alle drei habe ich bereits gelesen und bin mir sicher, dass mir das ein oder andere dort gut gefallen könnte. Eine wetterfeste Jacke beim benachbarten Wind-Store möchte ich mir eh noch besorgen, so wird mich gleich nach dem Einrichten des Ferienhauses meine Entdeckungsreise zurück in die Ortsmitte führen.

Dem weiteren Straßenverlauf folgend, entdecken wir, dass kurz vor Voigt´s Alte Backstube liegend sogar schon das neue Mylin-Haus mit Geschäften und Wohnungen bezogen worden ist. Mensch, wir waren echt lange nicht mehr hier. „Sylter Eis-Manufaktur“ kann ich auf einem der Ladenschilder im vorbeifahren noch flott lesen. Unschwer anhand der langen erwartungsvoll blickenden Menschenschlange vor der Eistheke zu erkennen, dass es hier wohl ganz was Besonderes geben muss. Ein Laden ganz nach unserem Geschmack also! Nach wenigen hundert Metern biegen wir den uns schon sehr vertrauten Weg nach Mellhörn ab. Erklimmen die Düne. Unser Volvo-Schätzchen ächzt auf den letzten Metern der kurzen aber heftigen Steigung. Das Gästehaus Blidselbucht liegt wie hingeküsst auf der zweithöchsten Düne von List und ich bin selig endlich wieder hier zu sein.

Mit gekonntem Griff schnappt sich Arne die ersten beiden unserer Taschen aus dem Kofferraum, und gibt mir zu verstehen, dass ich von Gepäck unbelastet die Türe aufschließen darf. Mein Kavalier…

Das Panorama-Terrassenfenster ist gekippt, lässt die schöne, großzügig geschnittene Wohnung von frischer Küstenluft durchfluten, und gewährt bereits beim eintreten freien Blick auf die einmalige Blidselbucht, die dem Haus seinen Namen gab. Ich schreite schnellen Schrittes durch Flur und das angrenzendes Wohnzimmer. Arne lässt die Taschen an der Garderobe fallen und folgt mir. Schon hebt  er mich hoch, wirbelt mich herum, und versichert mir zwischen zwei Küssen dass er gewillt ist, nun die Zeit für uns anzuhalten.

Zum ersten richtungsweisenden Zeichen der nun beginnenden Entschleunigung schalten wir beide demonstrativ unsere Mobil-Telefone aus, nachdem wir Tessa in der Dance-Academy und natürlich auch beiden Elternpaaren Bescheid von unserem glücklichen Ankommen auf Sylt gegeben haben.

Arne öffnet eine der Weinflaschen, schenkt zwei Gläser ein, zündet die Kerze auf dem Wohnzimmertisch an und streicht mir eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. „Weißt Du Emma, nach all den Monaten im ständigen Trubel möchte ich jetzt am liebsten mit Dir einfach nur alleine sein. Keine nervigen Agenten, keine Pressekonferenz. Und erst recht keine endlosen Budgetverhandlungen. Lass uns einander versprechen, mal ein paar Tage nicht über die Academy und allem was dazugehört zu sprechen. Lass uns leben. Lass uns unsere Liebe feiern. Hier auf unserer Insel!“

Gute zwei Stunden später schlendern wir Hand in Hand am Ostufer Richtung Süderheidetal. Das Wasser hat sich erneut zurückgezogen und gibt die Schätze des Wattenmeeres preis. Wir sind bewaffnet mit zwei Stoffbeuteln, die mittlerweile schon einige besonders schöne Muscheln tragen dürfen.  Wir erkennen das Festland in der Ferne, das weiter zurückliegende Wasser glitzert dramatisch-schön und reflektiert das Licht. Einfach nur ein ganz perfekter Tag!

Wir genießen den Spaziergang zu zweit und erzählen uns gegenseitig von unseren Unbedingt-haben-wollen-Wünschen für unsere gerade beginnende Sylt-Zeit. Beide wollen wir unbedingt einen kompletten Tag am Ellenbogen-Strand verbringen. Zudem endlich die auf unserer Wanderliste noch fehlende Strecke von Keitum nach Morsum an der südlichen Wattseite nachholen.

Und natürlich ganz viel Eis essen. Ich weiß auch schon wo… Von der strahlenden Nachmittagssonne beschwingt erklimmen wir später den kleinen Verbindungsweg hoch zur Straße nach List, und der Bushaltestelle, an der wir schweigend einige Minuten auf die Linie 1 warten. Der Bus ist recht gut gefüllt, und wir ergattern nur noch Stehplätze. Eine wild durcheinander quasselnde Schulklasse, die wohl zum Lister Hafen will, wird von zwei ziemlich überfordernden  „Lehrkörpern“ mehr oder weniger im Zaum gehalten, während der Bus nach der links liegengelassenen Abbiege zum Ellenbogen die letzten zwei Kilometer in den Ort zurückfährt. Bei der Haltestelle Mellhörn verlassen wir das fahrende Klassenzimmer und gehen die wenigen Schritte zum Haus zurück. Die Fischfilets sind schnell zubereitet. Den Salat schnibbeln wir in Gemeinschaftsarbeit, bevor Arne schon mal den Tisch deckt und die zweite Weinflasche öffnet. Der Himmel färbt sich langsam schon orange, als wir nach Genuss der Cappuccinocreme nach draußen auf die Terrasse treten. Wir gehen den kurzen Weg zur weißgestrichenen Bank, die direkt an der Dünenkante steht. Ich lasse mich neben Arne nieder und wir kuscheln uns aneinander, blicken andächtig in die Ferne und sind aufs Neue überwältigt von der gigantischen Aussicht. Auf der einen Seite zu den Lister Wanderdünen, können wir mit Blick zum Wattenmeer den Küstenverlauf über die gesamte Blidselbucht über Kampen bis nach Keitum und weiter nach Morsum sehen. Sylt – Tag 1.

„Lass uns gleich morgen unsere Wandertour von Keitum nach Morsum starten“ will ich gerade sagen, als Arne mir einen gefalteten Zettel zusteckt. „Erst morgen früh nach dem Frühstück öffnen“ sagt er, und drückt gerade noch einen Kuss auf das perlmuttfarbene Papier, bevor ich ihn andächtig einstecken kann. Wir genießen die Stille, die über der Bucht liegt. Die Möwen sind nun abendschwer. Nur ab und an hören wir ein paar noch muntere Abendvögel über uns und in der Heide singen, und uns vom Tag erzählen. Ansonsten dringt kaum ein Laut herüber. Welch ein Gegensatz zu der Geräuschkulisse in der pulsierenden Schwedenhauptstadt Stockholm, in der wir die letzten Wochen verbracht haben, um unsere Schüler auf die Tanzprüfungen vorzubereiten. Selbst in Halmstad war immer einfach zu viel los, als dass wir dort je ganz zur Ruhe gekommen wären. Unglaublich, dass wir gestern Abend um die Zeit noch dort waren. Und nun Sylt – ein Quantensprung. Es wiederholt sich einfach jedes Mal. Kaum auf Sylt angekommen, tauche ich ab in eine andere, mir sehr vertraute Welt. Alles fühlt sich echt, und ganz natürlich an. Bin gegenwärtig – kann alles Unnötige ausblenden. Spüre einfach, was mir in diesem Moment besonders wichtig ist, und handle danach.

Kein Zufall, dass Arne und ich uns vor Jahren hier auf Sylt das erste Mal begegnet sind. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, anderswo hätten wir nicht so direkt zueinander gefunden. Es hat einfach alles gepasst, vom ersten Moment an. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, mit dem richtigen Menschen. Oft denke ich daran zurück und bin dankbar, dass ich damals meinem inneren Impuls folgte, mir drei Wochen Auszeit nahm, und nach Sylt reiste. Gleich am zweiten Tag liefen wir uns am Lister Hafen förmlich in die Arme. Wäre dies nur wenige Monate zuvor passiert, hätte er noch in einer höchst komplizierten Beziehung gesteckt, und ich wäre mit den Gedanken ausschließlich beim Businessplan und  der schwierigen Finanzierung meiner Dance-Academy  gewesen. So waren wir beide zum Zeitpunkt des ersten Treffens innerlich frei von Zwängen, dazu noch in beschwingter Sylt-Laune. Nach erstem, eher zaghaften Annähern wurde uns schnell klar, dass aus uns etwas Großes entstehen würde. Und dass wir zudem noch beruflich zueinander passten vervollständigte das Gesamtbild. Mittlerweile leiten wir nun unsere Academy gemeinsam, in perfekter Aufteilung. Arne als künstlerischer Leiter, verantwortlich für alle Trainer und Events. Arne, der alle Castings, zudem auch Sponsorentreffen organisiert, und die Belegungspläne in den Kursräumen erstellt. Ich widme mich neben meiner eigentlichen Arbeit als Choreographin nun auch dem kaufmännischen Part  und zeichne mich ebenso für das Marketing verantwortlich. Eine Kombination, die sich wunderbar ergänzt und Ausgleich schafft. Dass es so einfach, mit Freude und Leichtigkeit geht, das hätte außer uns am Anfang niemand gedacht. Gute vier Jahre sind seither ins Land gegangen, die Dance Academy fährt internationale Erfolge ein, und wann immer wir es uns zeitlich erlauben können, besuchen wir unsere Insel. Sylt. Da wo alles anfing.

In dieser Nacht träume ich es schon wieder. Selten kann ich mich tags drauf an meine nächtlichen Träume erinnern. Aber dieser eine Traum ist greifbar, ganz real, sehr detailliert, und ich erinnere mich morgens noch an jede einzelne Kleinigkeit. Selbst, wenn ich mich im Traum kneife, habe ich das Gefühl: Jawoll, genau das passiert gerade. Ich träume von einer Reise nach Sylt. Einer Reise, die irgendwie nie zu Ende ist.  Der Traum kommt seit Jahren und zieht mich in seinen Bann. Mal macht er monatelang Pause, ist am anderen Ende der Welt. Abgetaucht und ganz versteckt.

Um dann doch wieder, ohne jede Vorwarnung wiederzukehren, und mich irgendwann im Morgengrauen mit klopfendem Herzen aufzuwecken.

Im Traum schlängelt sich der Zug mit mir durch die Landschaft. Die Fahrt scheint endlos. Bis ich nach stundenlangen Umwegen irgendwie dann doch endlich in Westerland eintreffe. Kaum bin ich dort angekommen, soll die Rückreise auch nun schon bald wieder starten. Ich habe das Gefühl, bis dahin jedoch auf der Insel noch viele Aufgaben erledigen zu müssen, mir wichtige Orte unbedingt zu besuchen, um bloß nichts zu verpassen…

Den Traum habe ich mittlerweile irgendwie mit in die Realität genommen. Wenn ich nicht auf der Insel bin, ergreift mich die Sehnsucht, und treibt mich immer wieder her. Bin ich hier, so tauche ich in mein wahres Selbst ein. Fühle mich ruhig, getröstet, geborgen. Und will mir unbedingt und sofort alles ansehen, alle mir wichtigen Orte besuchen und erspüren.

Ich stehe in der Küche, und kühle mit dem Rest der frischen Milch meine Gedanken. Der offen stehende Kühlschrank wirft ein diffuses Licht in den Raum. Was ist unerledigt, was ist unaufschiebbar, und vor allem: was hat das Ganze mit Sylt zu tun? Ich nehme einen weiteren Schluck, trete den Rückweg zum Schlafzimmer an, und klaue im Vorbeigehen noch flott zwei Erdbeeren aus der Schale.

Nichts mehr aufschieben. Was getan ist, ist getan. Jeden Moment nutzen und mit Inhalt füllen.

So ist es mir auch ganz wichtig, gleich morgen die noch „fehlende“ Wandertour Keitum-Morsum anzugehen. Es ist wundervolles Wetter vorhergesagt. Warme 20-22 Grad, leichter Nord-West-Wind. Wir sollten vielleicht direkt nach dem Frühstück mit dem Rad vom Ferienhaus aus nach Keitum fahren, und in der Kleinen Teestube auf eine Stärkung einkehren. Im Anschluss von dort aus über Gaat und Koogstraße runter zum südlichen Ortszipfel fahren, dort die Räder parken und den Fußmarsch nach Morsum antreten. Notfalls können wir für die spätere Rückfahrt nach Keitum immer noch den Bus nehmen. Guter Plan.

Zufrieden lächelnd kuschle ich mich zurück in die Kissen und falle in einen nun traumlosen Schlaf.

Als ich erwache ist der Raum von Sonnenlicht erfüllt. Die Strahlen haben mich sicher auch wachgekitzelt. Sylter Urlaubstag, ich komme!!! Genüsslich strecke ich mich, dehne die Muskeln einzeln und ausgiebig. Drehe mich dann zur linken Seite, um mir einen Guten-Morgen-Kuss abzuholen. DAS Highlight eines jeden Morgens. Das Bett ist leer.

Erstaunt blicke ich mich im Zimmer suchend um. Keine Spur von Arne. Das ist ja ein Ding, ist er doch so gut wie nie vor mir wach, und freut sich meistens eher über einen Schlaf-Nachschlag. Ich schau auf die Uhr, und erschrecke. Der kleine Zeiger steht unnachgiebig nahe an der Zwölf. Das darf doch nicht wahr sein – ich habe den halben Tag verpennt! Schnell werfe ich mir den Seiden-Kimono über, und mache mich auf den kurzen Weg in die Küche. „Guten Mittag, Frau Langschläferin“ neckt mich Arne und zieht mich gekonnt an sich. Da hilft auch kein protestieren: gerade möchte ich mich energisch bei ihm beschweren, weil er mich nicht geweckt hat, und so der halbe Tag flöten ging, als ich hinter ihm einen perfekt gedeckten Frühstückstisch erblicke. Ich muss gar nichts mehr tun. Es fehlt an nichts, alles da: herrlich-knusprige Crossaints, Keitumer Ziegenkäse, Himbeer-Marmelade, sogar Syltella (!), Orangensaft, der offensichtlich sogar frischgepresst ist, und eine große Platte Tomaten mit Schnittlauch. Eine Tafelkerze ist angezündet, und der Tisch festlich gedeckt. „Habe ich meinen Geburtstag oder sonst was vergessen?“ Arne grinst nur und vertröstet mich auf später. „Einfach nur mal genießen und gut gehen lassen. Das gehört zu unserem Sylt-Urlaub, hörst Du! Und dann darf man auch mal Schlaf nachholen.“ Er hat ja recht. In den letzten arbeitsreichen Wochen war an Schlaf oder gar ausschlafen nicht zu denken. Und wenn ich in mich rein fühle, geht’s mir gerade nun richtig gut. Der kurze Ärger über die vermeintliche „Sylt-Zeitverschwendung“ durch das lange Schlafen ist verflogen und ich freue mich einfach mal darauf, in den Tag hinein leben zu dürfen.

Eine Stunde später strampeln wir emsig die Anhöhe nach Kampen hoch, sind mit den Fahrrädern auf dem Weg nach Keitum. Von dort aus wollen wir dann per pedes unsere einzig noch fehlende Wanderstrecke nach Morsum starten. Dann haben wir in einigen Etappen die komplette Insel an den Küstenlinien erwandert! In Vorfreude auf den Marsch trete ich in die Pedale, genieße den lauen Fahrtwind, der sogar mitten im Ort immer noch salzig nach Meer durftet. Ich fühle mich so was von zuhause und bei mir angekommen.

Als wir Munkmarsch erreichen, halten wir an, schließen die Räder an, und gehen den kurzen Fußweg vom Hafen aus zum Restaurant „Zur Mühle“ entlang. Kurzentschlossen wollen wir hier eine Fischsuppe essen, um uns für den anschließenden Marsch zu stärken. Auf Kaffee und Kuchen in Keitum wie ursprünglich geplant, haben wir beide noch keinen Appetit. Das Frühstück ist ja heute dank Arne eher „süß“ ausgefallen, und nun ist eher was Deftiges angesagt. Wir erblicken gleichzeitig einen freien Strandkorb auf der seitlich gelegenen Terrasse und lassen uns zufrieden in die Kissen fallen. Die Bedienung kommt schnell herbei und wir ordern zwei Radler (wie passend…) und zweimal Fischsuppe mit Brot.

Die Mittagssonne spiegelt sich in der Blidselbucht. Das Leben kann so schön sein.

Beim Eintreffen der beiden für uns zum Mittagessen schon fast obligatorischen Espressi  bittet Arne bei der Bedienung um die Rechnung. Gestärkt machen wir uns wenig später wieder auf den Weg, haben wir doch schließlich heute noch einiges vor… In Keitum biegen wir direkt hinter St. Severin in den Kirchenweg, um möglichst lange am nördlichen Küstenverlauf durch Keitum zu radeln. Beim Altfriesischen Haus am grünen Kliff machen wir kurz Halt. Unbedingt müssen wir einen unserer Lieblingsplätze besuchen und zu Fuß langgehen: die kleine, malerische Steigung vom Altfriesischen Haus bis zum Grabhügel Tipkenhoog. Die Aussicht auf dem kurzen Pfad ist einfach gigantisch. Eben noch dort gespeist, können wir bis zum Hafen Munkmarsch sehen, aber auch noch viel weiter: bei klarer Sicht wie heute sogar bis hoch nach List! Am Tipkenhoog angekommen lassen wir uns auf die Bank nieder und genießen schweigend ein paar Minuten intensives Sylt-Fühlen. Später holen wir  die Räder am Altfriesischen Haus ab und es geht weiter durch den Ort, bis wir über den Gaat und die Koogstraße das alte Schöpfwerk erreichen, welches am südlichen Ortsrand von Keitum direkt am Wattenmeer liegt. Dort lassen wir die Räder zurück. Der weitere Weg nach Morsum wird wie geplant zu Fuß zurückgelegt, um unsere einzig verbliebene, noch fehlende Wanderroute zu unserer Sylt-Umrundung nun endlich in Angriff zu nehmen. Es ist warm. Die Luft ist für Sylt fast unwirklich windstill, nur ein ganz laues, feines Lüftchen weht. Gute sechs Kilometer Marsch liegen noch vor uns bis wir Nösse und Morsum-Kliff erreichen werden, doch wir gehen beschwingt und leichten Fußes. Von Bienensurren und singenden Feldvögeln begleitet erleben wir ein völlig anderes Sylt, als das, was man im ersten Moment gedanklich damit in Verbindung bringt. Ein Sylt, was mir besonders gut gefällt. Vor alle dem sind wir bis auf ganz vereinzelte Spaziergänger und wenige Schafe die wir unterwegs treffen fast alleine auf weiter Flur. Das können wir beide besonders gut haben. Endlich mal ab vom Trubel und ständig-präsent-sein-müssen. Südlich vorbei am Ort Archsum umlaufen wir anschließend die Morsum-Odde, bevor wir uns nun vorbei am Golfplatz Richtung Norden zum kleinen Wäldchen zubewegen. Die Bäume spenden erfrischend Schatten, und es ist richtig ungewohnt, auf Sylt Wald und Tannenduft zu riechen. In der Ferne rattert ein Autozug Richtung Festland, so ist auch der Bahnübergang nicht mehr weit. Nach einer guten halben Stunde weiteren Fußmarschs erreichen wir schließlich das Naturschutzgebiet Nösse. Die Luft flirrt, und wir lassen uns nach den eingepackten Getränken lechzend auf die nächstbeste Bank fallen. Geschafft. Unsere Insel-Umrundung in mehreren Etappen findet nun hier ihr Ende. Ein schöneres Ziel können wir beide uns kaum vorstellen. Über Westen nach Norden geschaut haben wir freie Sicht auf die komplette Bucht bis nach List. Den Blick nach Osten gerichtet, erkennen wir schon die ersten Windräder des Windparks am Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog, in knappen 11 km Entfernung. Dem Tor zu „Europa“ wie viele Sylter das Festland nennen.

Irgendwann müssen mir für ein paar Minuten kurz die Augen zugefallen sein. Glücklich, aber auch müde und erschöpft durch die recht lange Wanderung über Deich und durch die Wiesen, überfiel mich doch eine gewisse Schläfrigkeit. Als ich nach dem kurzen Nickerchen erwache, und mich blinzelnd umsehe, traue ich meinen Augen kaum, als ich neben Cloé, Seb, Theresa und Klaas noch weitere ca. 8-12 unserer Schüler aus der Dance-Academy erkenne. Und weiter hinten stehen noch mehr Menschen, die alle ähnlichen Style tragen. Fetzen meines Lieblingsliedes von Coldplay werden durch den Wind zu mir getragen. Die Menschen tanzen und bewegen sich im Rhythmus der Musik. Von den Holzbohlen-Wegen kommen immer mehr Tänzer herbei, die sich perfekt in die laufende Performance formieren. Eine mitreißende Vorstellung, die mich völlig in ihren Bann zieht. Sie tanzen als erzählten sie eine Geschichte. Ich erkenne Elemente von sich-finden, altes loslassen, neues entstehen lassen, gemeinsam erschaffen. Spüre getanzte, tiefe Sehnsucht, und ich erkenne „die Liebenden“. Es ist die Geschichte von Emma und Arne, unsere Geschichte… „Wir sind gemeint!“ dämmert es mir und ich schau fragend  zu Arne rüber, oder vielmehr dahin, wo er doch gerade noch saß, aber nun nicht mehr zu finden ist. Ich erhebe mich und gehe auf die Tänzer zu. Sie weichen zu den Seiten und eine Gasse wird zwischen den Tanzenden frei. Die Holzbohlen sind ungewohnt weiß, dazu noch uneben und schimmern. Ein aufgeschütteter Weg aus Crushed Eis! Das Eis klitzert in der Sonne und Janine, eine unserer besten Solistinnen, gibt mir mit Gesten zu verstehen, ich solle die Schuhe ausziehen und mir barfuß den Weg durch die Gasse bahnen. „Na Ihr seid mir lustig“ denke ich noch.  Wird wohl ein Spaß als Dankeschön oder eher auch eine kleine Quälerei zum Abschluss des  Trimesters in der Academy sein. Aber dass sie sich dafür auf den Weg auf die Insel machen – unfassbar! Irgendwie check ich gerade gar nichts mehr. Na gut, bin ja für jeden Jux zu haben. Die Musik wird lauter, die Menschentraube am Ende des Steges teilt sich in zwei Reihen, und… mitten unter Ihnen, ganz am Ende steht Arne! Er trägt ein Schild, und als ich näher komme, kann ich es lesen: „Wer wird denn nun kalte Füße bekommen! … Egal, und wenn schon: ich wärme sie Dir. Jetzt und immer. Ich liebe Dich. Heirate mich!“ Ich bin von den Socken (hätte ich mal welche an), taumle überwältigt in Arnes Arme, der mich mehr oder weniger auffängt, mich dann festhält, meine rechte Hand in seine nimmt, und dann vor mir auf die Knie geht.

Mit der linken Hand klappt er gekonnt eine schmucke Schatulle auf, ein raffiniert gefasster, recht hochkarätiger Solitaire-Ring funkelt mir beschwörend entgegen. Ich kann nur noch „Ja!“ hauchen, dann fängt sich meine aufgeregte Stimme, und ich rufe für alle hörbar „Ja unbedingt!“ Arne wirbelt mich durch die Luft und betont zwischen Küssen wie glücklich ich ihn mache. Schöner kann es gar nicht sein, und später berichtet mir Arne, dass mein Verlobungsring sogar von der Insel sei. Er hätte ihn vor Wochen bereits in Auftrag gegeben und heute früh als ich noch im Bett war abgeholt – im Sylter Ring-Atelier in List. Dem Laden im hafen7, den ich mir unbedingt während des Urlaubs noch ansehen wollte. Wie unbeschreiblich schön: ein Ring von Sylt.

Nach Minuten des langsamen Begreifens was gerade passiert ist, wird mir aufgrund der vielen Menschen, die ich nun auch noch kenne, ein wenig bange. Habe ich mich doch auf eine Sylt-Zeit zu zweit gefreut. Wenn ich auch überwältigt bin, was unsere Schüler soeben für uns hier auf die Beine gestellt haben. Mit einem Augenzwinkern gibt mir Arne zu verstehen, dass wir nach dem kurzen Überraschungsbesuch der Schüler-Delegation unsere romantische Auszeit ohne sie – zu zweit fortsetzen werden.

Später bei einem eiskühlen Champagner, den wir auf „unserer“ Bank im Ferienhaus Blidselbucht mit Blick zu unserem Verlobungsort Morsum Kliff genießen, erfahre ich, dass er ihnen zum gemeinsamen Brunch einen schönen Raum im Restaurant Morsum Kliff gemietet hat, bevor es zu einem Strandtag nach Kampen ging, inklusive Yoga-Kurs am Meer. Mittlerweile werden sie dann schon mit der Marschbahn auf dem Weg nach Hamburg sein, wo einige der Tänzer am nächsten Abend für ein kleines Arrangement gebucht sind.

Und wir sind allein. Endlich wieder, zu zweit allein. Allein mit vielen Plänen, Wünschen, Sehnsüchten,  denen wir mit jedem Augenblick gemeinsam näher kommen.

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